Dr. Christian von Boetticher MdL - Persönliche Erklärung

14.08.2011

Die Nominierung zum Spitzenkandidaten ist eine große politische und persönliche Herausforderung.
 

Sie verbindet für mich hohe Ansprüche an Einsatz und politische Leistungsfähigkeit auch mit persönlicher Integrität.
Diese Aufgabe und erst recht das angestrebte Amt schließt in einem gewissen Umfang auch den Blick in die sonst geschützte Privatsphäre ein.

Sie wissen, dass mir diese Privatsphäre immer viel bedeutet hat und ich mein Privatleben nicht aktiv in die Öffentlichkeit getragen habe.
Dies geschah auch zum Schutz meines privaten Umfeldes, welches trotz meines Engagements in der Politik ein Recht auf ein eigenes Leben außerhalb der Öffentlichkeit hat und dies auch einforderte.
Diesen Anspruch stelle ich auch heute noch, nachdem mein Privatleben offensichtlich immer mehr in die Medien gezogen werden soll.
Trotz meiner daraus resultierenden Einstellung, politisches und privates Umfeld strikt auseinander zu halten, sehe ich jetzt gegenüber meiner Partei und der Öffentlichkeit persönlichen Erklärungsbedarf.
Ich bin seit der Übernahme des Landesvorsitzes der CDU im September letzten Jahres immer wieder mit Spekulationen über mein Privatleben konfrontiert worden.
Da gab es mehrere Journalisten, die sicher zu wissen glaubten, dass ich schwul sei und Outing erwarteten.
Es wurde sogar später behauptet, meine aktuelle Partnerin sei gar nicht meine Partnerin und nur vorgeschoben, schließlich lebten wir ja nicht zusammen.
Ich habe zu all diesen Dingen stets geschwiegen, weil auch die Kommentierung von solchen Mutmaßungen in meinen Augen schon den ersten Schritt zur Öffnung meines privaten Umfeldes beinhaltet hätte.
Am 19. Juli wurde ich in meinem Urlaub von Ministerpräsident Carstensen dann mit Spekulationen konfrontiert, die eine Beziehung zu einer jungen, unter 18jährigen Frau im Frühjahr 2010 betrafen.
Darüber war ich sehr erschüttert.
Ja es ist wahr: Ich hatte mich im Frühjahr 2010 in eine junge Frau verliebt und bin mit ihr mehrere Monate zusammen gewesen.
Diese sehr ungewöhnliche Liebe ist auch von unserem Umfeld akzeptiert und unterstützt worden.
Um es deutlich zu sagen, ich habe zu diesem Zeitpunkt keinerlei Beziehung zu einer anderen Frau gepflegt, so dass man nicht von einer Affäre sprechen kann.
Es war schlichtweg Liebe.
Eine solche Liebesbeziehung ist zwar rechtlich legal, trifft aber bei vielen Menschen auf verständliche moralische Vorbehalte.
Objektiv hätte ein Bedrohungs- und Erpressungspotential gegenüber meiner Partei, mir und damit auch Personen, die ich liebe und schätze, entstehen können.
Sie kennen mich: Ich bin nicht der Mensch, der in einer solchen Situation lügt, herumlamentiert, sich versteckt oder sich von wem auch immer treiben lässt.
Ich habe darum am Freitag den geschäftsführenden Landesvorstand für heute eingeladen, um die Parteifreunde noch vor dem Ende der parlamentarischen Sommerpause zu informieren und trete nun auch vor die Öffentlichkeit.
Ich habe keinen privaten, wohl aber den politischen Fehler gemacht, die Bedeutung einer solchen Beziehung für eine möglicherweise anstehende Spitzenkandidatur nicht bedacht zu haben.
Es gab im Frühjahr 2010 noch keinen Hinweis auf vorgezogene Neuwahlen; ich war weder Landesvorsitzender, noch nominierter Spitzenkandidat.
Und doch hätte mir klar sein müssen, dass viele Menschen innerhalb und außerhalb der Partei von mir ein anderes Verhalten im Privatleben erwartet haben und – angesichts meiner nun vollzogenen Vornominierung auch erwarten konnten.
Wenn man – wie ich – Geradlinigkeit und Berechenbarkeit in der Politik einfordert, wird auch das eigene Privatleben an diesen Maßstäben gemessen.
Mir ist bewusst, dass ich diesen Maßstäben privat in diesem Fall nicht gerecht geworden bin.
Bei all den Menschen, die ich damit enttäuscht habe und die große Hoffnungen auf mich gesetzt haben, möchte ich mich von ganzem Herzen entschuldigen.
Mir geht es nun darum, entstehende Belastungen für meine Partei im aufziehenden Wahlkampf abzuwenden, aber insbesondere von mir geliebte Personen und meine Privat- und Intimsphäre zu schützen.
Ich habe darum heute dem geschäftsführenden CDU-Landesvorstand erklärt, dass ich darauf verzichte, meine Partei als Spitzenkandidat in die nächste Landtagswahl zu führen und werde den Landesvorsitz niederlegen.
Ich werde alles dafür tun, dass wir nach der Wahl mit Abstand stärkste Kraft werden und wir den Regierungschef stellen.
Einen neuen Spitzenkandidaten werde ich tatkräftig unterstützen.
Ich bitte um Verständnis, dass ich hier und heute keine weiteren Fragen beantworten werde.
Kiel, 14. August 2011